Die Lehre Buddhas

Die Vier Edlen Wahrheiten und der Edle Achtfache Pfad

Es gibt sehr viele buddhistische Ausrichtungen auf dieser Welt und sehr viele Organisationen, die buddhistische Einrichtungen unterstützen. Es gibt Klöster, Laienvereinigungen, Diskussionsrunden und Wissenschaftler, die sich mit der Lehre des Buddha beschäftigen. Die Essenz jedoch bleibt immer die gleiche, und nur um diese geht es hier:

Die Vier Edlen Wahrheiten

  1. Alles ist Leiden.
  2. Der Ursprung des Leidens ist das Begehren.
  3. Es gibt ein Nirwana, ein Ende des Leidens.
  4. Ein vom Buddha gewiesener Weg führt zum Nirwana:

Der Edle Achtfache Pfad

  1. Richtige Erkenntnis.
  2. Richtige Gesinnung.
  3. Richtige Kommunikation.
  4. Richtige Tat.
  5. Richtige Lebensführung.
  6. Richtige Anstrengung.
  7. Richtige Achtsamkeit.
  8. Richtige Sammlung.

Man kann die Wahrheiten trotz ihrer Eindeutigkeit auch etwas ausführlicher erklären:

1. Alles ist Leiden

Alles, was existiert, tut dies aufgrund des Leidens, das Leiden hervorbringt. Unmittelbar auf den Menschen bezogen kann man fünf Daseinsgruppen unterscheiden:

1. Körperlichkeit:

Sie setzt sich zusammen aus den vier großen Elementen, nämlich Erde, Wasser, Feuer und Luft - bzw. aus feinstofflicher Körperlichkeit, die aus diesen abgeleitet ist.

2. Empfindung:

Sie kann angenehm, unangenehm oder neutral sein. Sie entsteht aus dem Kontakt von sechs inneren Organen mit sechs äußeren Objekten, welche als Gesamtes die zwölf Grundlagen des Bewusstseins erzeugen:

Innere Organe

  1. Auge
  2. Ohr
  3. Nase
  4. Zunge
  5. Körper
  6. Geist

Äußere Objekte

  1. Aussehen
  2. Geräusch
  3. Geruch
  4. Geschmack
  5. Berührung
  6. Geistiges Objekt

Der Geist kann auch den Kontakt zu den Objekten der anderen Organe herstellen.

3. Wahrnehmung:

Sie bezieht sich auf die sechs äußeren Objekte.

4. Geistesformationen:

Sie sind die Reaktionen des Willens auf die sechs Objekte.

5. Bewusstsein:

Es erfasst die Eigenschaften der Objekte, und es gibt sechs Arten von Bewusstsein(Elemente), den zwölf Grundlagen hinzuzufügen:

  1. Sehbewusstsein
  2. Hörbewusstsein
  3. Riechbewusstsein
  4. Schmeckbewusstsein
  5. Körperbewusstsein
  6. Geistbewusstsein

Diese Daseinsgruppen erscheinen, bestehen und vergehen, es gibt kein Selbst, das sie besitzt oder eine daraus entstandene Persönlichkeit, die dauerhaft wäre. Deshalb sind sie leidvoll.

2. Der Ursprung des Leidens ist das Begehren.

Die Daseinsgruppen treten nicht zufällig auf, sie folgen dem Gesetz der bedingten Entstehung: Durch Unwissenheit bedingt sind die Karma-Formationen; durch die Karma-Formationen bedingt ist das Bewusstsein; durch das Bewusstsein bedingt sind Name und Form; durch Name und Form bedingt sind die sechs Grundlagen des Bewusstseins; durch die sechs Grundlagen des Bewusstseins bedingt ist der Kontakt; durch den Kontakt bedingt ist die Empfindung; durch die Empfindung bedingt ist der Durst; durch den Durst bedingt ist das Festhalten und die Bindung an die fünf Daseinsgruppen; durch das Festhalten bedingt ist das Werden, die Tat; durch das Werden bedingt ist die Geburt, also das Auftreten der fünf Daseinsgruppen; durch die Geburt bedingt sind Alter und Tod.

Es ist also ein Kreislauf der Leidenschaften(Unwissenheit, Durst und Festhalten), Taten(Karma-Formationen und Werden) und Ergebnisse(von Bewusstsein bis Empfindung, Geburt, Alter und Tod), dessen Ursprung einzig das Begehren bzw. die Gier ist.

3. Es gibt ein Nirwana, ein Ende des Leidens.

Für Sprache und Denken ist Nirwana unzugänglich, man kann sich nicht aus dem Kreislauf der Leidenschaften heraus vorstellen, wie es wirklich ist. Dennoch gibt es Versuche, den sogenannten Zustand des Nirwana zu verstehen. Man kann das Nirwana als Zerstörung des Begehrens und der Neutralisierung der Taten verstehen. Es ist das Ende der fünf Daseinsgruppen, wobei dies nur für den "mit einem Rest Bedingtheit" noch Lebenden gilt, der nach seinem Ableben "das Nirwana ohne einen Rest Bedingtheit" erreicht. Also ist das Nirwana das Ende des Leidens, das nicht Bedingte, eine Sphäre, die nicht Etwas ist und nicht das Nichts.

4. Ein vom Buddha gewiesener Weg führt zum Nirvana.

Der Edle Achtfache Pfad, dessen Glieder bereits dargestellt wurden, lässt sich auf drei Grundelemente zurückführen:

  1. Sittlichkeit.
  2. Sammlung.
  3. Wissen.

Die Sittlichkeit besteht aus Enthaltung von falschem Verhalten des Körpers(Töten, Diebstahl, Unzucht), der Sprache(Lüge, Verleumdung, barsche und nutzlose Rede) und des Geistes(Gier, Feindseligkeit, falsche Erkenntnis), deren Ziel es ist, jede Handlung zu vermeiden, die jemand anderen verletzen könnte. Sie ist die Grundlage für die Sammlung, aus der dann das Wissen entstehen kann. Die Sammlung ist die Konzentration des Geistes auf einen Punkt, also nahezu dasselbe wie Nicht-Vorhandensein von Zerstreuung. Die geistige Ruhe wird durch Meditation erreicht, deren dauerhafte Fortsetzung zum Gegenstand der Wahrnehmung und Empfindung führt und die Leidenschaften durch Wissen zerstört. Das Wissen ist die durch wiederholte "Geistesentfaltung" erreichte Erkenntnis; ist dieses Wissen frei von Irrtum und Verblendung, erkennt es die wahre Natur der Dinge - die Bedingte Entstehung. Mit diesem Wissen erreicht der Meditierende das "Nirwana in dieser Welt".

Es ist sicher nicht möglich, dieses Ziel als vollwertiger Teil einer menschlichen Gesellschaft zu erreichen. Menschen, die das Nirwana erreichen wollen, ziehen daher immer in ein Kloster oder leben in Einsamkeit und Mittellosigkeit. Ob das buddhistische Kloster jedoch wirklich der richtige Ort ist, um das Nirwana zu erlangen, bleibt fraglich. Wenn es den Buddha gegeben hat, so war er sicherlich nie Mönch in einem Kloster, sondern wohl eher ein umherziehender, dauernd meditierender Bettler. Man könnte auch den Eindruck gewinnen, dass der Buddhismus nur entstand, um die Vier Edlen Wahrheiten und den Edlen Achtfachen Pfad als Lehre zu bewahren. Wie dem auch sei: das sogenannte "Nirwana" erreicht man nicht durch eine Gemeinschaft, sondern durch eigene Meditation. Deshalb sollte man sich stets auf die Vier Edlen Wahrheiten und den Edlen Achtfachen Pfad konzentrieren, nicht auf den Buddhismus.

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Quellen:

H.Bechert/R.Gombrich(Hrsg), Der Buddhismus: Geschichte und Gegenwart(München 1995)

H.Zimmer, Philosophie und Religion Indiens(Frankfurt am Main 1994)

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